Hoch über St. Martin – Wanderung am Sonntag, 14. Februar 2022
Wanderbericht der PWV-Ortsgruppe Ramberg vom 14. Februar 2022, von Paul Günther Uhrig
Die Nacht zuvor hat schon einen schönen Tag versprochen. Frostig kalt, ein blankgeputzter Sternenhimmel und prall und fast rund der Mond über der Ramburg. Noch zwei Tage bis Vollmond.
So war es zwar noch ein bissel frisch, als wir uns am Ramberger Dorfplatz getroffen haben, aber die Sonne stand schon zaghaft auf dem Schloßberg. Los ging´s mit den Autos zum Sandwiesenweiher. Hier am Parkplatz an der Totenkopfstraße haben wir uns dann wiedergetroffen, um von da aus in Richtung St. Martin zu wandern. Totenkopfstraße – klingt etwas martialisch, hat aber nichts mit der Beliebtheit der Straße bei Radrennfahrern oder Motorradfahrern zu tun, sondern ist lediglich nach dem Bergsattel ´Totenkopf` benannt, wo man vor langer Zeit einmal ein Römergrab entdeckt hat.
Zunächst leicht bergan auf bequemem Weg, wir haben die Straße links unter uns liegen gelassen. Die Sonne bricht durch die Bäume, blendet, malt Kringel auf den Boden – Vorfrühling im Bergwald. 52 Paar Wanderschuhe streben den Berg hinauf; man spürt, jeder von uns genießt den Tag, die wieder belebte Gemeinschaft nach so langer Zeit der coronabedingten Abstinenz. Auch unser Wanderernachwuchs, Emma und Emma (jawohl, gleich zwei !), Josephine und Henry, und das L-Trio : Leo, Lara und Leni, waren munter dabei und haben das Durchschnittsalter der Wandergesellschaft verringert. Und wo Kinder sind, ist immer Leben. Muntere Reden werden geführt, man lacht, man freut sich. Leise ist es nicht gerade und manches Reh oder Füchslein wird erschrocken um die Ecke geguckt haben. Die Natur, den Wald, allein oder in kleiner Gruppe erleben, die Stille genießen, oder den Bäumen zuhören, das Moos riechen und dem Rätschen des Hähers lauschen, das machen wir ein anderes Mal.
Heute steht das Gruppenerlebnis, die Gemeinsamkeit im Vordergrund. Und wenn es auch gelegentlich dem einen oder anderen noch ein bissel schwerfällt, diese Nähe anzunehmen, und er lieber sein eignes Wurstbrot auspackt und sich damit in eine Ecke verzieht, die gemeinsame Brotzeit, bei dem jeder sein Mitgebrachtes auspackt und zum gemeinsamen Verzehr auf dem Tisch ausbreitet, ist immer ein Höhepunkt.
Aber zunächst kommen wir an einen mächtigen, als Naturdenkmal eingestuften Felsklotz, mit auf halber Höhe angebrachtem Schild, damit der Wanderer auch weiß, wo er sich befindet, ´Schwalbenfelsen`. Ein kurzes Schauen und Verschnaufen, wir haben seit dem Parkplatz einige Höhenmeter genommen, dann geht es weiter, jetzt stetig mehr oder weniger bergab. Dann nach knapp 1 ½ Kilometern rechterhand eine weitere Felsformation, teilweise wohl auch von Menschenhand geschichtet, eine Inschrift lautet : ´Errichtet 1929 vom Verschönerungsverein St. Martin` : der ´Dichterhain`.
Unser Wanderführer Oliver Bülow hatte zuvor unsere Strecke ´en detail` ausgekundschaftet, und wußte an jeder Kreuzung und an jeder Weggabelung, wo´s lang geht. Aber nicht nur das; hier, am Dichterhain hat er uns, oben auf den Steinen stehend, ein Gedicht in Pfälzer Mundart vorgetragen. Paßt gut, denn in die Felsen sind die Halbreliefs dreier bekannter Mundartdichter aus St. Martin, Lina Sommer, August Heinrich und Fritz Claus eingemeißelt. Auch einen kleinen Bücherschrank gibt es hier mit einigen kleinen Bändchen erbaulicher Literatur, und ein Gästebuch. Ein kurzer Eintrag ist da obligatorisch.
Weiter geht´s in bequemem Schritt durch den Wald, insgesamt ziemlich eben, hin zu einer Mariengrotte, 1912 von dem St. Martiner Kaufmann Jakob Koch nach dem Vorbild der Lourdesgrotte gestiftet. Der war zuvor auf einer Marienwallfahrt dorthin gewesen und wollte die Kraft dieses spirituellen Ortes in seine Heimat am Rande des Pfälzerwaldes mitnehmen. Und auch hier spürt man diese Kraft, die durch die Mutterperson Mariens die immerwährende Sehnsucht des Menschen nach Schutz und Geborgenheit berührt. Noch heute wird hier einmal im Jahr an Mariä Himmelfahrt ein Festgottesdienst gefeiert.
Auf dem weiteren Weg trift man auf mehrere Bildstöcke eines Kreuzweges, der von der Kropsburg hierher, und von hier auch weiter hinauf zum St. Ottilienberg und dem dortigen Wetterkreuz führt. Es passt zueinander und ergänzt sich, Lourdesgrotte und Kreuzweg und zeugt von einer aktiven Frömmigkeit unserer Vorfahren. Und es muss schon, so stelle man sich das vor, ein bewegendes Erlebnis sein, wenn die Gläubigen mühselig von den, wie heute, sonnigen Weingärten hinauf in den Waldschatten gepilgert sind. Ein bequemer Spaziergang ist der steile und steinige Kreuzweg nämlich ganz und gar nicht.
In umgekehrter Richtung ging´s dann ein Stück weiter hinunter auf diesem Kreuzweg, vorbei am Ludwigsbrunnen und an der Kropsburg, an der Nordflanke des Heidelbergs hinunter zwischen die Reben. Immer wieder Hinweise auf eine tiefe Gläubigkeit dieser katholischen Gegend, wie zum Beispiel eine Statue der Maria Immaculata, der Schmerzensreichen, am Burgweg, mitten im Rebland, von den Einheimischen liebevoll ´Haardtgass-Madonna` genannt. Kein Wunder, gehörte St. Martin doch bis Ende des 18. Jahrhunderts zum Hochstift Speyer, war Sitz des Oberamtmanns der Speyerer Fürstbischöfe, und bis ins 20 Jahrhundert hinein war ein Großteil der Bevölkerung katholisch. Nicht einmal eine protestantische oder evangelische Kirche gab´s im Ort, die Gläubigen mussten nach Maikammer zur Kirche gehen.
Hier sind zahlreiche Wanderer, aber auch Spaziergänger unterwegs. Das Wetter ist aber auch herrlich. Über St. Martin hinweg hat man einen wunderbaren Blick nach Osten weit in die Rheinebene hinaus. Nur die asphaltierten Wirtschaftswege der Winzer sind bei den „Profi“-Wanderern etwas ungewohnt und nicht so sehr beliebt, die Sonntags-Ausflügler aber achten wohl doch eher auf saubere Schuhe.
Weiter geht´s südwärts, der Sonne entgegen, in Richtung des Werderberges und an dessen Fuß unterhalb des Sieges- und Friedensdenkmals hieß es dann „tretet herzu, es ist alles bereit“. Auf den Tischen nahebei einer kleinen Schutzhütte wurden alle Schätze der Rucksäcke ausgebreitet und die Mittagstafel angerichtet. Essen und Trinken, das weiß wohl jedermann, hält Leib und Seel´ zusammen, und ein voller Magen fördert bekanntlich das Gemeinschaftsgefühl und auch Glück und Zufriedenheit. Zumindest meistens.
Danach weiter und in weitem Bogen um den Werderberg herum hinauf zum Sieges- und Friedens-denkmal, das 1899 anlässlich des Sieges über Frankreich im Krieg 1870/71 errichtet worden war, und das heutzutage zeitgemäß nur noch als Friedensdenkmal bezeichnet wird. Beides, der Berg und das Denkmal, Zeugnisse der Obrigkeits- und Fürstenseligkeit vergangener Zeiten.
Nirgendwo findet man so viele Napoleonbänke, Ludwigshöhen, Luitpoldbrunnen, Maximilians- und Bismarcktürme, Moltkefelsen, oder -türme, Blücher- und Prinzregentendenkmäler, und, und, und, wie hier in der Vorderpfalz, selbst dem guten alte Kieferberg über Edenkoben hat man den Namen eines preußischen Generals übergestülpt, sodass er jetzt Werderberg heißen muss.
Ein Gruppenfoto musste her ! Vor der imposanten Kulisse des reich mit Ornamenten und Fresken verzierten Denkmals wurde das später dann auch bewerkstelligt, und dann ging´s weiter, auf unspektakulärem Weg erst moderat, dann aber etwas steiler am Südhang des Schraußenbergs und dann am Hochberg entlang. Kam uns das nun so anstrengend vor, weil der Weg etwas steil war, oder weil unser Blut, statt in den Beinen im Magen beschäftigt war ? Jedenfalls bei der St. Martiner Schutzhütte, der Hesselbachhütte, war der höchste Punkt unserer Wanderung mit 525 Metern erreicht. Hier gab es dann nochmals eine kurze Verschnaufpause und dann ging´s weiter, bergab um den Hochberg herum, manche haben vom ´rumpeligen Weg` gesprochen, völlig zurecht, Steine und Äste gab es hier zuhauf, und bis zum Parkplatz hatten wir dann unser heutiges Tagespensum mit rund 11 Kilometern geschafft. Schön war´s, aber durchaus genug für ältere und ungeübte Beine…..